100 Jahre Stadtbücherei Pforzheim 1893 - 1993

Durch die Eingemeindung 1975 war die Huchenfelder Gemeindebibliothek in die Verwaltung des Pforzheimer Systems übergegangen. Auch diese damals nur 1.721 Bände zählende Bücherei blieb erhalten. Sie war schon in den 30er Jahren gegründet worden und wird seit 1969 von Frau Regelin betreut. Durch die Eingemeindung wurde damals der Raum der Gemeindekasse im Huchenfelder Rathaus frei, den die Bücherei dann belegen konnte. Die ständig wachsende Zweigstelle benötigte schliesslich auch das Hinterzimmer des damaligen Kassenraumes.

1986 wurde die Bücherei umgebaut und bekam eine neue Inneneinrichtung. Die Huchenfelder können hier zweimal in der Woche Bücher und Zeitschriften ausleihen, wovon auch reger Gebrauch gemacht wird. 1991 zählte man bei 9.209 Medieneinheiten beachtliche 28.531 Entleihungen. Die mit 80 qm kleinste Büchereistelle ist sofern etwas Besonderes, weil hier die Ausleihzahl im Verhältnis zur Einwohnerzahl ungewöhnlich hoch ist. Die Huchenfelder, so scheint es, lesen eben weitaus mehr als die Pforzheimer.

(Quelle: 100 Jahre Stadtbücherei Pforzheim, Dorothea Brändle)

Gedicht anlässlich des 100jährigen Jubiläums

Ein Rückblick von Rainer Regelin

Hört zu, ihr Leut´ und lasst euch sagen,
schnell eilt die Zeit an uns vorbei.
Drum lasst uns einen Rückblick wagen
auf ein Jahrhundert Bücherei.

Die Zeit war reif vor der Jahrhundertwende,
man sah, der Mensch lebt nicht vom Brot allein;
nur Essen für den Bauch und Arbeit für die Hände,
das konnte doch nicht alles sein.

Da gab´s noch was, wodurch der Mensch sich eben
so richtig erst als "wahrer" Mensch erweist,
sie bilden die Voraussetzung für´s Leben
ihr ahnt es schon - die Seele und der Geist.

Die beiden galt es jetzt verstärkt zu formen,
am Ende stand als Ziel nach kurzer Zeit
die durch Literatur und ihre Normen
gereift gebildete "Persönlichkeit".

Auch in Bezug auf das Familienleben
da war das "gute Buch" des Pudels Kern.
Den Kindern konnt´ es Anregungen geben,
die Välter hielt es von den Kneipen fern.

So kam der Vorschlag auf, verbunden mit dem Ziel,
in Pforzheim eine Bücherei zu gründen,
da der beim Stadtrat auf fruchtbaren Boden fiel,
liess sich ein Weg zur Finanzierung finden.

Gedacht, geplant, gespart - dann unternommen,
denn weil ein Wille war, war auch ein Weg;
dann - nach vier Jahren war die Zeit gekommen
für die Eröffnung der - Bibliothek.

Die erste "städtische" im ganzen Badnerlande
bestand zwar nur aus einem Lesesaal,
zum Ausleih´n sah man sich noch ausserstande,
das war der Bürgerschaft jedoch egal.

Die Männer kamen - zahlreich - ohne Frauen,
für "Damen" blieb die Türe nämlich "zu",
man konnte Zeitung lesen, spielen, Tabak kauen,
hell war´s und warm und man hatt´ seine Ruh´.

Im Jahr darauf konnt´ man sich Bücher borgen,
von denem man eins mit nach Haus bekam,
doch war zuerst ein "Bürge" zu besorgen,
der dieses Risiko auf sich nahm.

War diese Hürde endlich übersprungen,
und das bedeutete schon viel,
war man zur Ausleihtheke vorgedrungen,
war man noch lange nicht am Ziel.

Jetzt galt es, vor dem Ausleihschalter
das Buchverzeichnis zu befragen
und dann dem Bibliotheksverwalter
den Wunsch ganz höflich vorzutragen.

Wenn jener dann den Wunsch verstanden,
begab er sich an die Regale,
wo das Objekt, sofern vorhanden,
zum Vorschein kam mit einem Male.

Jetzt folgt´ als allerletzte Hürde
der Eintrag in die Lesekladde,
bevor das "Objekt der Begierde"
man schliesslich in den Händen hatte.

Somit begann vom allerersten Tage
für den Gemeinderat die Sucherei,
es ging für ihn vor allem um die Frage,
wer als "Bibliothekar" geeignet sei.

Er sollte wohl von Büchern was verstehen,
auch bräuchte er viel Freizeit für das Amt,
das nebenamtlich, billig zu versehen,
des Stadtratüberlegungen entstammt.

Man fand den richt´gen Mann für diese Pflichten,
ein Volksschullehrer zeigte sich bereit,
der nahm sich neben seinem Unterrichten
am Nachmittag und auch am Abend Zeit.

Für vierzig wechselvolle Jahr
hat er als Leiter seinen Dienst verstehen,
und erst als er schon achzig war,
durft´ in den Ruhestand er gehen.

So war das damals in den Anfangsstunden,
wer heut´ ein Buch entleiht, stellt fest,
es hat eine Entwicklung stattgefunden,
die sich mit früher nicht vergleichen lässt.

Heut´ ist die Bücherei in hellen Räumen,
der Leser kommt an alles ran.
Das grosse Angebot verführt zum Träumen,
es gibt fast nichts, was man nicht entleihen kann.

Doch leider wird für viele Leute,
auch das ist wohl ein Zug der Zeit,
das Riesenangebot von heute
zur reinen Selbstverständlichkeit.

Dann denkt man nach, wie´s früher mal gewesen,
man wünscht die Zeit zurück, das ist ganz klar,
als Bücher leihen und sie dann noch lesen
Erlebnis und oft Abenteuer war.

Es bleiben Fragen: "Wie wird´s weitergehen?"
"Was hält die Zukunft wohl für uns bereit?"
"Wird noch gelesen oder nur noch fern gesehen?"
Es scheint, als käme jetzt ´ne schwere Zeit.

So manches liegt zur Zeit im Dunkeln,
man möcht´ gern wirssen: "Was tut not?"
Schon hört man allerorten munkeln,
dass finanzielle Kürzung droht.

Wer solchermassen ungeschliffen
zum Kahlschlag findet sich bereit,
der hat wahrhaftig nichts begriffen
vom Geist der ersten Gründerzeit.

Wer gar bereit ist, Zweigstellen zu schliessen
verpasst vermutlich seine Chance
der wird es später einmal büssen:
Honi soit qui mal y pense.
(Ein Schuft - beschimpft sei - wer dabei an Schlechtes denkt)

Top    
     
Top    
     
Top